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Literaturwissenschaftsseminare > Puritanismus > 3 Glauben

Literatur und Kultur des Puritanismus

Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Wintersemester 2020/21 (online)

 

3 Puritanischer Glauben: Die „Erwählten“

Nach den Erfahrungen der religiösen Verfolgung in England versuchten die Puritaner, in Neuengland Siedlungen auf der Basis ihrer eigenen religiösen Ideale aufzubauen. Dies führte zu einer engen und unmittelbaren Verzahnung von religiösen, politischen und gesellschaftlichen Strukturen. Bereits im Vorfeld der Auswanderung bzw. auf der Reise selbst wurden die Grundlagen der neuen Gemeinschaften scharf umrissen und die Gläubigen darauf „eingeschworen“. Die Ausformulierung erfolgte häufig in Form von Predigten, sowohl vor und während der Überfahrt als auch in der Neuen Welt selbst. Als Beispiel haben wir im Seminar Auszüge aus John Winthrops A Model of Christian Charity, 1630, besprochen. Winthrop konstatiert darin u. a.: „We are a company professing ourselves fellow members of Christ, […] we ought to account ourselves knit together by this bond of love, and, live in the exercise of it, if we would have comfort of our being in Christ.“ In seiner Predigt beschwört Winthrop den Bündnispakt zwischen Gott und Menschen und warnt zugleich vor Gottes Zorn im Fall eines Bruches. Stärker noch als im Mayflower-Vertrag erfolgt in dieser und anderen „Einstimmungen“ der Zusammenschluss primär über die religiöse Zusammengehörigkeit und nur sekundär über die formale Definition der Gemeinschaft.

Diese Form der Gemeinschaftskonstitution Definition der eigenen Gemeinschaft bedurfte über die Jahre ständiger Erneuerung. Ein Beispiel dafür ist die Election sermon von Samuel Danforth aus dem Jahr 1670, „Errand into the Wilderness“. Darin beklagt Danforth, dass der Gottesbund in Vergessenheit gerate und mahnt die Gemeinde, sich dessen wieder zu erinnern:

„Whether we have not in a great measure forgotten our Errand into the Wilderness. You have solemnly professed before God, Angels and Men, that the Cause of your leaving your Country, Kindred and Fathers houses, and transporting your selves with your Wives, Little Ones and Substance over the vast Ocean into this waste and howling Wilderness, was your Liberty to walk in the Faith of the Gospel with all good Conscience according to the Order of the Gospel.“

Dem Grundsatz verpflichtet, dass die Gläubigen in der Lage sein sollen, selbst die Bibel zu lesen, besitzt der Aufbau eines nachhaltigen Bildungswesens große Bedeutung für die Puritaner. Kinder werden zunächst von ihren Eltern, später in Schulen im Lesen und Schreiben unterrichtet. 1636, nur sechs Jahre nach der Gründung der Massachusetts Bay Colony wurde dort das Harvard College (später Harvard University) mit dem Ziel einer fundierten priesterlichen Ausbildung gegründet. Das Ergebnis all dieser bildungspolitischen Maßnahmen war eine überdurchschnittlich hohe Alphabetisierungsrate bei Männern und Frauen. 1701 erfolgte die Gründung des Yale College (1701; später Yale University), mehr als zehn weitere Colleges werden im weiteren Verlauf des 18. Jh. gegründet.

 

Bekehrung und Erwähltsein

Die puritanische Bekehrungserfahrung umfasste in der Regel die folgenden fünf Phasen, die in einer Art Vortrag vor der gesamten Gemeinde dargelegt wurden:

  1. Introspektion, Bibelstudium, Predigten hören -> Erkenntnis der menschlichen Sündhaftigkeit
  2. Demütigung -> Einsicht, dass gute Taten zur Vergebung nicht ausreichen
  3. Einsicht, dass Vergebung nur durch Gottes Gnade erlangt werden kann
  4. Erfahrung von Rechtfertigung und Erneuerung durch die Gnade und Gerechtigkeit Christi
  5. Empfinden einer Neugeburt

Sogenannte „Seelentagebücher“ dienten den Puritanern als Dokumentation und kontinuierliche Bestätigung ihrer Erwähltheit und fungierten als eine persönliche Versicherung des Glaubens und der Errettung. Eine kontinuierliche Selbstbeobachtung und -hinterfragung wurden so zu einer Konstanten der puritanischen Lebensweise.

Für die Auswanderer manifestierte sich das Bekehrungserlebnis häufig bereits in Gestalt der Überquerung des Atlantiks. In Predigten ebenso wie im persönlichen Erleben wurde dies mit der Durchquerung des Roten Meeres vergleichen, das die vor den als despotisch geschilderten Ägyptern fliehenden Israeliten unter Führerschaft Mose durchschreiten müssen, bevor sie schließlich ins Gelobte Land gelangen können.

 

⇒ 4 Konfrontation: Die Puritaner und „die Anderen“