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Literaturwissenschaftsseminare > Streifzug > 1 Lyrik

Streifzug durch die Literaturwissenschaften: Textgattungen und Literaturklassiker

Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Sommersemester 2020 (online)

 

1 Einführung und Textgattungen 1:Lyrik

Basierend auf der Poetik des Aristoteles (384-322 v. Chr.) werden die drei Textgattungen Epik, Lyrik und Dramatik (Drama) unterschieden, die entsprechend auch als „Gattungstrias“ bezeichnet werden. Diese Aufteilung wird immer wieder neu diskutiert und verhandelt, Auslöser sind häufig neue Textformen, wie zum Beispiel in der modernen Literatur die Kategorie der Sachtexte oder im 18. Jh. das „bürgerliche Trauerspiel“. Dieses brach mit den Regeln des antiken Dramas (Prosa, Fallhöhe), wie sich u. a. an Lessings Emilia Galotti (1772) beobachten lässt. Bei der klassischen Textgattungsanalyse besitzt jedoch unabhängig davon die auf Aristoteles zurückgehende Basiseinteilung bis heute Gültigkeit.

 

Abb. 1 Die klassischen Textgattungen mit Unterkategorien im Überblick. Grafik: KL

 

In Gedichten werden Ereignisse oder Stimmungen häufig in der 1. Person Singular formuliert. Diese Perspektive, die aus der Epik als „Ich-Erzähler“ bekannt ist, wird in der Lyrik als „lyrisches Ich“ bezeichnet. In beiden Textgattungen, der Epik ebenso wie der Lyrik, ist das „Ich“ niemals mit dem Autor identisch, dies gilt selbst in autobiographischen Texten. Im Seminar wurde die Textgattung Lyrik unter besonderer Berücksichtigung der Verwendung des lyrischen Ichs am Beispiel der romantischen Dichtung näher betrachtet.

 

Textgattungen 1: Lyrik

Romantische Dichtung

Die europäische Romantik dauerte vom Ende 18. Jh. bis ca. 1850. Sie umfasste neben der Literatur auch die Schönen Künste wie die Kunst und die Musik und wird als eine gesamtgesellschaftliche Strömung beschrieben („Zeitgeist“). Sie stellt eine Gegenbewegung zur Aufklärung und zum Klassizismus dar. Die wohl bedeutendsten Vertreter der englischen Romantik waren William Wordsworth, Samuel Taylor Coleridge, John Keats und Percy Bysshe Shelley. Wordsworth beschrieb in seinem 1798 gemeinsam mit Coleridge veröffentlichten Gedichtband Lyrical Ballads Dichtung als Ausdruck eines „spontaneous overflow of powerful feelings“ und schrieb damit die programmatische Kurzformel romantischer Dichtung fest. Zu den wichtigsten Vertretern der deutschen Romantik zählen Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Novalis, Joseph von Eichendorff und E. T. A. Hoffmann.

Romantische Dichtung besitzt eine Reihe von v. a. thematischen Besonderheiten, die sie von anderen Strömungen in der Lyrik abhebt. Dazu gehören u. a.

  • Betonung des Gefühls
  • ausdrucksvolle und emotional aufgeladene Naturbilder
  • hohes Identifikationspotenzial mit dem lyrischen Ich
  • Vorstellungskraft, Assoziation, Transzendenz
  • das Sublime
  • Übernatürliches
  • Melancholie
  • Ich-Bezogenheit (jedoch nicht im Sinne von Egozentrik)
  • mittelalterliche Motive, Rittertum, Nostalgie

Als Beispiele für romantische Dichtung wurden im Seminar folgende Texte besprochen:

  • William Wordsworth: „I Wandered Lonely as a Cloud“ (1804)
    ⇒Fokus: das lyrische Ich, Naturbilder
    Der britische Dichter William Wordsworth (1770-1850) gilt als Initiator und führender Vertreter der englischen Romantik. Zusammen mit Samuel Taylor Coleridge veröffentlicht er 1798 die Lyrical Ballads und begründet eine Gegenbewegung zur ratio-geprägten Aufklärung. Als eines seiner wichtigsten Werke gilt die autobiographische Gedichtsammlung The Prelude. Mit Coleridge und Robert Southey bildet er die Lake Poets, die ihren Namen dem Lake District in Cumbria im Nordwesten Englands verdanken. Die Lake Poets vertreten eine romantische Naturlyrik, deren Motive häufig Bilder innerseelischer Vorgänge sind. 1843 wird Wordsworth zum Poet Laureate ernannt.
  • John Keats: „La Belle Dame sans Merci“ (1819)
    ⇒Fokus: das Sublime, Mittelalter, Mystik, Rittertum
    Mit Lord Byron und Percy Bysshe Shelley gehört der britische Dichter John Keats (1795-1821) zu den wichtigsten Vertretern der jüngeren englischen Romantik. Seine Werke kreisen um die Themen Schönheit, Vergänglichkeit, Tod, so z. B. in „Ode to a Nightingale“ oder „On Melancholy“. Im Alter von nur 25 Jahren verstirbt Keats – wie zuvor seine Mutter und sein Bruder – an Tuberkulose
  • Joseph von Eichendorff: „Mondnacht“ (1835)
    ⇒Fokus: Personifizierung, Melancholie, Naturbilder
    Joseph von Eichendorff (1875-1926) entstammt einer preußischen Adelsfamilie und zählt zu den bedeutendsten und bekanntesten deutschen Lyrikern. Seine Novelle Aus dem Leben eines Taugenichts (1826) gilt als Höhepunkt und zugleich Beginn des Ausklangs der deutschen Romantik. Zu Eichendorffs Themen gehören v. a. scheinbar einfache Schilderungen idyllischer Naturszenen, Melancholie und Tod. Seine sprachlichen Bilder besitzen häufig eine starke religiös-metaphorische Aufladung.
  • Rainer Maria Rilke: „Der Panther (Im Jardin des Plantes, Paris)“ (1903)
    ⇒Fokus: Reflektion des Selbst in Tier/Natur
    Der österreichische Dichter Rainer Maria Rilke (1875-1926), der in deutscher und französischer Sprache schrieb, gilt als Vertreter der Moderne. Er stand inhaltlich jedoch auch dem Fin de Siècle nah und wird ebenso dem Symbolismus und der Neuromantik (Neoromantik, 1890-1915) zugerechnet, welche sich als Gegenbewegung zu Naturalismus und Moderne entwickelte. In Rilkes Werk herrscht ein pantheistisches Gottesbild vor (z. B. in Das Stunden-Buch), stets gibt es eine spannungsreiche Verbindung von Außen- und Innenraum.

Als Hausaufgabe wurde Joseph von Eichendorffs Gedicht „Die Heimat – An meinen Bruder“ besprochen.

 

⇒ 2 Textgattungen 2: Epik, Großform Roman