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Häuser für die Ewigkeit Mythologie, Grabdekoration und -architektur des Alten Ägypten
Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Sommersemester 2021
1 Altägyptische Grabanlagen und Mythologie – eine Einführung
Die Jenseitstexte des Alten, Mittleren und Neuen Reiches fanden über die Jahrtausende hinweg immer wieder neue Bilder und Texte, um die Gefilde des Jenseits zu beschreiben. Der Tod – bzw. das jenseitige Leben – wird dabei als eigentliche Heimat beschrieben, die zunächst in der Tiefe des nördlichen Sternenhimmels (Altes Reich), später des westlichen Horizonts (Mittleres Reich) und schließlich in der osirianischen Unterwelt (Neues Reich) verortet wird. Die Grabarchitektur folgt dieser Entwicklung und bildet sie in den unterschiedlichen Grabbauformen der drei Großepochen ab: Dominierten im Alten Reich die Pyramiden, die bis heute ikonisches Symbol des Alten Ägypten sind, entwickelte sich im Mittleren Reich die Form des Tempelgrabes, während im Neuen Reich mit den eindrucksvollen Felsgräbern im Tal der Könige die Tiefendimension der Erde erschlossen wurde, in der die Alten Ägypter das Reich des Totengottes Osiris ansiedelten.
Tab. 1 Gegenüberstellung der Jenseitskonzepte des Alten, Mittleren und Neuen Reiches
Typisch für das altägyptische und grundsätzlich das mythische Denken ist dabei, dass diese verschiedenen mythologischen Jenseitskonzepte parallel verwendet wurden, ohne sich gegenseitig auszuschließen oder zu beeinträchtigen. Der Ägyptologe Henry Frankfort prägte dafür den Begriff der multiplicity of approaches, Erik Hornung spricht von „komplementärer Logik“. So findet sich noch in den Felsgräbern des Neuen Reiches, als der Pharao nach altägyptischer Vorstellung nach seinem Tod in die Unterwelt des Osiris hinabstieg, der nächtliche Sternenhimmel als Deckendekoration, der schon in den Pyramiden des Alten Reiches das damalige Ziel der Jenseitsreise des Pharao repräsentierte.
Die aus der Verquickung von wissenschaftlicher Naturbeobachtung und religiösem Glauben gewonnenen mythologischen Bilder übersetzten die Alten Ägypter kongenial in architektonische Formen. Im Alten, Mittleren und Neuen Reich stellt die funeräre Architektur jeweils eine Nachbildung der mythologisch vorgeformten jenseitigen Raumdimensionen und der entsprechenden Topographie des Jenseits dar. Grabanlagen zeigen das irdische Leben bereits in seiner Vollendung und veranschaulichen den Tod als einen rite de passage in das erstrebte jenseitige Leben. Bereits in frühester Zeit wurde so die Idee des Grabes bzw. der Grabkammer als „Haus für die Ewigkeit“ greifbar.
Weiterführende Literatur
Laatsch, Katrin Häuser für die Ewigkeit – Gräber und Mythologie im alten Ägypten Darmstadt: wbg – Philipp von Zabern, 2020 ISBN: 978-3-805-35261-1
⇒ 2 Die Grabanlagen des Alten Reiches: Auf zu den Sternen
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