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Häuser für die Ewigkeit Mythologie, Grabdekoration und -architektur des Alten Ägypten
Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Sommersemester 2021
2 Die Grabanlagen des Alten Reiches: Auf zu den Sternen
Im Alten Reich glaubten die Ägypter, dass der Pharao nach seinem Tod zum nächtlichen Sternenhimmel aufsteigen würde, genauer gesagt zu den „Unvergänglichen Sternen“. Die sich in dieser Epoche entwickelnde Bauform der Pyramide diente als architektonischer Ausdruck dieses zeitgenössischen mythologischen Konzepts. Sie fungierte als eine Art Himmelsleiter und zugleich als Abbild des mythischen Urhügels, auf dem am Anfang der Schöpfung der Sonnengott erschienen war und von dort aus sein Schöpfungswerk begonnen hatte. Die berühmten Pyramiden von Gizeh, die aus der 3. Dynastie stammen, tragen noch keine Inschriften. Solche sind erstmals in der Pyramide von Pharao Unas belegt, dem letzten König der 5. Dynastie (Regierungszeit: ca. 20 Jahre zwischen 2367 und 2297 v. Chr.). Diese nach ihrem Fundort bezeichneten Pyramidentexte (PT) gelten als die ältesten religiösen Texte der Menschheit. Entdeckt wurden sie 1880/1 von Gaston Maspero. Ihr genauer Entstehungszeitraum ist bis heute umstritten. Sie beschreiben den Tod als Heimkehr in den Schoß der Familie, die Götter werden als „Brüder“ des Königs bezeichnet. Die Pyramidentexte verzichten noch auf Bebilderungen und unterscheiden sich damit deutlich von den Jenseitstexten des Neuen Reiches, dessen Bild-Text-Kompositionen stark von einem bildmagischen Verständnis geprägt sind. In den Pyramidentexten liegt der Fokus jedoch offensichtlich stärker auf den spruchmagischen Fähigkeiten, die durch sie vermittelt werden sollten, während topographische Details der Jenseitsreise noch von untergeordneter Bedeutung sind.
Die Hauptaussage der Pyramidentexte ist, dass der Pharao nach seinem Tod zu einem Gott wird. Dabei vollzieht sich eine Wandlung sowohl der leiblichen als auch der geistigen Entität des Königs, deren Ausmaß die menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Sie wird daher von den Alten Ägyptern mit entsprechend grenzüberschreitenden Bildern beschrieben, wie sie sich besonders deutlich im heute als „Kannibalenspruch“ bezeichneten Textabschnitt ausdrücken.
„Der Himmel ist bewölkt, die Sterne verdunkelt, die (Himmels-) Bögen wanken, die Knochen des Erdgottes Aker zittern, [dann] schweigen die Bewegungen, wenn sie Unas erscheinen sehen, machtvoll wie ein Gott, der von seinen Vätern lebt und der sich von seinen Müttern ernährt. [....] Unas ist der, der Menschen frisst und der von Göttern lebt [....] Unas ist es, der ihre Zauberkräfte frisst, der ihre Geisterkräfte verschlingt. [....] Wer von ihm gefunden wird auf seinem Weg, den frisst er auf Stück für Stück. Der Platz des Unas ist an der Spitze aller Edlen, die im Horizont sind. Unas ist der Gott, der älter ist als die Ältesten. [....] Die Lebenszeit des Unas ist die Ewigkeit, seine Grenze ist die Unendlichkeit [...].“ (PT 273 f.)
Ägyptologen interpretieren diesen Text mittlerweile als keine jenseitsrealistische Schilderung, sondern erkennen darin eher das Ringen um einen verbalen Ausdruck, der dem geschilderten Ereignis in seiner Gewaltigkeit gerecht wird.
Erstaunlich für eine Kultur, die in so besonderem Maße der Verehrung der Sonne als Gottesbild zugewandt ist, ist, dass das nächtliche Reich der Sterne, zu dem der Pharao aufsteigt, gerade durch die weitgehende Abwesenheit der schöpfenden solaren Gottheit bestimmt ist. Möglicherweise ist dies eine der Triebkräfte der verstärkten Hinwendung zum Sonnenkult, die im Mittleren Reich zu beobachten ist. Das „mythische Denken“ (Ernst Cassirer) erlaubt gleichzeitig zu der Primärstellung des westhorizontischen Jenseits (des „schönen Westens“) auch die Beibehaltung des älteren, stellaren Jenseits, ohne dass dieses an Bedeutung einbüßt.
Im Mittleren Reich finden die Pyramidentexte Eingang in den privaten Jenseitstextekanon und gehen weitgehend in den sogenannten „Sargtexten“ (CT, von Englisch coffin texts) auf.
Architektur
In der Frühdynastik (1./2. Dynastie) entwickelte sich der als Mastaba (ägyptisch-arab. Bank) bezeichnete Grabbautyp, der einem Pyramidenstumpf ähnelt. Diese Bauform weist bereits eine klare Aufteilung in zwei Bauabschnitte auf, einen ober- und einen unterirdischen. Die Sphären von Kult und Begräbnis ließen sich auf diese Weise gut voneinander abgrenzen. Diese dualistische Struktur blieb bis ans Ende des Pharaonenreiches erhalten: Im Alten Reich bildete sie sich in Pyramide und Taltempel ab, im Mittleren Reich in Tempelanlage und Grab und im Neuen Reich in der Unterscheidung von Felsgrab und Totentempel.
Die erste Pyramide, die aufgrund ihres getreppten Erscheinungsbildes heute als „Stufenpyramide“ bezeichnet wird, wurde für König Djoser, den zweiten Pharao der 3. Dynastie, von seinem Architekten Imhotep errichtet. Bereits rund 50 Jahre später entstand unter Pharao Snofru, dem ersten König der 4. Dynastie, die erste „echte Pyramide“, die sich durch die gerade verlaufenden Außenlinien auszeichnet. Auf Snofru geht auch die Neuorganisation des Pyramidenbezirkes zurück, der beginnend am Taltempel am Nil über einen Aufweg (umbauter Korridor, später offen) zum der Pyramide vorgelagerten Totentempel führt, hinter dem sich die Pyramide selbst erhebt. Der Totentempel wurde in diesem Zusammenhang von der Nord- auf die Ostseite der Pyramide verlegt, wodurch der solare Kult betont wurde. Die bereits in der Mastaba angelegte Trennung von Kult und Begräbnis wurde mit dieser räumlichen Neuorganisation weiter ausdifferenziert.
Weiterführende Literatur
Laatsch, Katrin Häuser für die Ewigkeit – Gräber und Mythologie im alten Ägypten Darmstadt: wbg – Philipp von Zabern, 2020 ISBN: 978-3-805-35261-1
⇒ 3 Die Grabanlagen des Mittleren Reiches: In den Armen der Westgöttin
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